Nur der Schwarmtrieb ist die natürliche und einzige Art der Honigbienen sich zu vermehren
Wenn ein Bienenvolk schwärmt, dann ist das ein ganz besonderer Moment, denn ein neues Bienenvolk entsteht. Wenn sich ein Bienenvolk im Frühjahr gut entwickelt, beginnt es mit den Vorbereitungen sich zu vermehren, indem es neue Königinnen aufzieht. Sobald die jungen Königinnenlarven in ihren eigens für sie gebauten Weiselzellen soweit herangewachsen sind, dass die Brutkammer für die Verpuppung verschlossen wird, beginnt sich ein Teil des Muttervolkes zusammen mit der vorhandenen Königin für die große Reise vorzubereiten. Wenn es die Wetterbedingungen zulassen verlässt ein großer Teil der Flugbienen zusammen mit der Königin den Bienenstock – das Bienenvolk schwärmt. Nachdem alle Bienen, die sich für den Schwarm berufen fühlen, den Stock verlassen haben, beginnt sich die Bienenwolke in der Nähe des Muttervolkes an einem geeigneten Platz, zum Beispiel einem Ast niederzulassen. Es entsteht die Schwarmtraube. Diesen Zustand könnte man mit einem Embryo vergleichen. In diesem frühen Stadium des neuen Bienenvolkes sind die Bienen den äußeren Einflüssen des Wetters schutzlos ausgeliefert. Was fehlt ist eine geeignete Behausung.
Deshalb beginnen nun einige Bienen mit der Suche nach einer neuen Unterkunft. Dies kann sogar einige Tage dauern. Ist eine neue Behausung gefunden, auf die sich die Bienen geeinigt haben, erhebt sich der Schwarm erneut in die Luft und fliegt zu seinem neuen Heim. Nun beginnt der sehr energieintensive Bau der Waben und sobald es möglich ist fängt das Bienenvolk an ein Brutnest anzulegen, in dem es junge Bienen aufzieht. Gleichzeitig werden Vorräte angelegt und die Wohnhöhle mit Propolis ausgekleidet. All dies ist der urnatürliche Vorgang der Vermehrung der Honigbienen.
Und die Imkerei?
Für die Imkerei erscheint das Vermehrungsverhalten der Bienen zunächst jedoch hinderlich zu sein. Die Flugbienen und auch die begattete Mutterkönigin sollen nicht verloren gehen damit das Bienenvolk weiterhin Honig sammeln kann. Denn nicht jeder Schwarm kann einfangen werden weil er entweder zu hoch in einem Baum hängt oder weil es unbemerkt geschieht, da niemand die Bienen durchgehend bewachen kann. Deshalb ist es üblich das Schwärmen der Bienen in der herkömmlichen Imkerei zu unterdrücken und zu verhindern. Hierzu gibt es verschiedene Möglichkeiten, zum Beispiel indem man die Weiselzellen entfernt oder Brutwaben entnimmt, um den Bienen vorzutäuschen, dass die Volksentwicklung noch nicht für einen Schwarm bereit ist. Mit der entnommenen Brut kann dann wiederum ein Ableger gebildet werden, also ein neues Volk erzeugt werden, sodass der Schwarm überflüssig wird. Es läuft darauf hinaus, den Vermehrungsvorgang zu kontrollieren, um den eigenen Bestand an Bienenvölkern zu schützen und die Honigernte zu erhöhen.
Aber welchen Einfluss hat die Unterdrückung des Schwarmtriebes auf die Bienen?
Bei dieser Frage sind wir auf viele interessante Mechanismen gestoßen, die dafür sprechen, dass das Schwärmen ein ganz elementarer Schritt im Leben eines Bienenvolkes ist, der für seine Vitalität und Gesunderhaltung unerlässlich scheint. Der Schwarm lässt das Muttervolk mit seinen Waben, Vorräten und dem Brutnest zurück. Das birgt zum einen das Risiko, dass der Schwarm keine geeignete Behausung findet. Jedoch ist das Zurücklassen der Brut auch eine Art Reinigungsritual, denn viele Bienenkrankheiten befinden sich in der Bienenbrut. Dies betrifft auch Parasiten, wie zum Beispiel die Varroamilbe, die sich in der geschlossenen Brut vermehrt. Hieraus ergibt sich auch ein Vorteil für das Muttervolk, das im Bienenstock zurückbleibt. Denn für diesen Teil des Volkes schlüpft eine neue Königin, die erst ihren Hochzeitsflug absolvieren muss, bevor sie die Brut ihrer Mutter fortsetzen kann. Somit sorgt die Brutpause dafür, dass es zeitweise keine geschlossene Brut gibt, in der sich die Varroamilbe vermehren kann. Dies führt zu einem Rückgang der Varroapopulation. Die Schwarmbienen nehmen zwar auch Milben als blinde Passagieren mit auf den Weg, jedoch lassen sich die temperaturempfindlichen Milben kurz bevor das Volk schwärmt fallen, weil es vor dem Schwärmen zu einem Temperaturanstieg im Volk kommt. Somit ist der Schwarm ein Reinigungsprozess, der bei einem Befall von Brutkrankheiten oder Parasiten auch als Heilungsweg angesehen werden kann. Bei der Bildung eines Brutablegers werden diese Selbstheilungskräfte ausgehebelt. Bienen und Brut werden willkürlich geteilt und nach menschlichem Ermessen neu zusammengestellt, ohne dass eine Reinigung oder Genesung möglich würde. Zudem wird im Muttervolk ununterbrochen weiter gebrütet, sodass auch die Vermehrung der Varroamilbe ununterbrochen fortschreitet.
Was macht es mit den Honigbienen, wenn wir den wichtigsten lebenserhaltenen Trieb eines jeden Lebewesens -sich zu vermehren- unterdrücken?
Ein Volk, das es mehrere Jahre hintereinander nicht schafft sich erfolgreich fortzupflanzen, was passiert da auf der feinstofflichen Ebene? Könnte alleine diese Tatsache zu einer Resignation führen die mit einer Schwächung des Immunsystems einhergeht? Dies sind Gründe die dafür sprechen, dass es nicht gut sein kann, wenn wir in diesen wichtigen Mechanismus eingreifen, der in der der Natur über allem steht – die Erhaltung der Art zu sichern!
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