Für die wilden Honigbienen eine Katastrophe, für uns die Möglichkeit eines tieferen Einblicks
Solch ein Sturmschaden ist die wohl denkbar schlimmste Katastrophe für ein wildes Honigbienenvolk. Ohne Schutz gegen Witterung und Feinde stehen die Chancen schlecht, den nächsten Winter zu überleben. Gleichzeitig bedeutet dies auch das Ende einer bewährten Bienenbehausung, die gegebenenfalls über Jahre hinweg von mehreren Bienengenerationen und -völkern bewohnt und mit der Zeit „bienengerecht“ eingerichtet wurde.
Das Wohnungsangebot der wilden Honigbienen hat sich von heute auf morgen um eine bewährte Adresse reduziert – gerade von Vorgängergenerationen bereits bewohnte Nisthöhlen sind bei den Bienenschwärmen sehr beliebt. Für die Bienenschwärme des Folgejahres bedeutet dies nun schlichtweg einen härteren Wettbewerb um die besten verbleibenden Nistmöglichkeiten. Sollten diese in der Umgebung bereits alle besetzt sein, werden sich Schwarmpioniere auf die Suche nach neuen potentiellen Bienenunterkünften aufmachen müssen.
Wenn man kein Forscher ist, der Bienenbäume erklettert und den wilden Honigbienen in schwindelnder Höhe mit dem Endoskop auf den Pelz rückt, bekommt man das Innere eines Bienenbaumes nur selten zu Gesicht. Sturmschäden öffnen uns da exklusive Einblicke, so wie diesen:
Sturmböen hatten eine hohle Kirsche zweigeteilt und diese Nisthöhle eines wilden Honigbienenvolkes freigelegt. Das stattliche Wabenwerk ist fast unbeschädigt, die Bienen sitzen nahezu normal auf ihren Waben.
Die Bienen haben ihren Wabenbau an die innere Form der Baumhöhle flexibel und harmonisch angepasst, auch mit solchen Verhältnissen kommen die Bienen ohne weiteres klar. Die Waben sind dunkel gefärbt, wurden bereits bebrütet und sind aller Voraussicht nach schon mehrere Jahre alt.

Im unteren Teil des Fotos sieht man schön den „Bodensatz“ der Baumhöhle. Hierbei handelt es sich aber nicht einfach nur um zurückgelassenen Dreck sondern vielmehr um ein eigenes kleines Ökosystem der Resteverwerter, Nutznießer und Symbionten der Bienenkollonie. Ein „Bodenschatz“ den es noch zu erforschen gilt.

Ob in diesem Bienenbaum Bienen in der Vergangenheit erfolgreich überwinterten und bestenfalls im Folgejahr schwärmten oder ob der Bienenbaum jährlich wiederholend von neuen Schwärmen bezogen wurde, konnten wir nicht eindeutig feststellen. Die Weiselnäpfe an den Wabenunterkanten ergaben auf diese Frage keine eindeutige Antwort.
An den herabgefallenen Gegenstücken konnte man die Wabenansätze an den Höhlenwänden sehr gut studieren. Sämtliche Innenflächen waren stark propolisiert. Hier lag die Arbeit von mehreren Jahren und Bienengenerationen vor unseren Füßen.
Die Bienen lebten noch bis in den November hinein auf ihren Wind und Wetter ausgesetzten, ungeschützten Waben, ihre Anzahl reduzierte sich allmählich und sie zogen sich in die Wabengassen zurück. Den Winter haben sie nicht überlebt.
Der leere Bienenbaum musste später, wie so oft, als Gefahrenbaum gefällt werden. Dies bot uns noch einmal die Möglichkeit, das stolze Wabenwerk dieses wilden Honigbienenvolkes aus der Nähe zu betrachten.
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